Lernziele

In unserer Bildungsarbeit streben wir die Förderung bestimmter Kompetenzen in Lernenden und Lehrenden an.

Wir sind daran interessiert, wie Menschen das konzeptuelle Verständnis und die Flexibilität entwickeln können, die für ein wertorientiertes und prosoziales Leben notwendig sind.

Unsere angestrebten Lernziele bauen auf überlappen mit Kompetenzrahmen, die in der Bildung für nachhaltige Entwicklung und anderen Initiativen der Bildung im 21. Jahrhundert entwickelt wurden.

In Übereinstimmung mit unserer Theory of School Improvement gehen wir davon aus, dass die Entwicklung dieser Kompetenzen einerseits durch explizite und kontinuierliche Reflexion unseres Verständnisses über menschliches Verhalten und andererseits durch die aktive Einbeziehung der Lernenden in die Entwicklung und Verbesserung ihrer Gemeinde unterstützt werden kann.

Schließlich beinhalten die oben genannten Kompetenzen viele Konzepte von Verhalten, einschließlich Ziele, Werte, Überzeugungen, Gefühle, Zusammenarbeit, Flexibilität. Die selbstbestimmte Entwicklung dieser Kompetenzen erfordert ein metakognitives Verständnis und Bewusstsein für diese Konzepte sowie für die komplexen Ursachen und Folgen dieser menschlichen Verhaltensweisen, einschließlich der eigenen.

Der Bildungsansatz von OpenEvo konzentriert sich daher darauf, Wissen und Fertigkeiten zu fördern, die diesen Kompetenzen zugrunde liegen, indem wir auf Konzepte, Methoden und Erkenntnisse der interdisziplinären Verhaltenswissenschaften zurückgreifen und darauf aufbauend übergreifende Lernziele formulieren.

Darüber hinaus integriert der OpenEvo-Ansatz Konzepte und Methoden der Verhaltenswissenschaften, um Menschen dabei zu unterstützen, ihre adaptive Flexibilität zu entwickeln, d. h. ihre Fähigkeit, ihr Verhalten je nach Anforderung der Situation wertorientiert auszurichten, mithilfe von Prozessen wie Achtsamkeit, Offenheit, Werteklärung und engagiertes Handeln.

Auf diese Weise ergänzt das OpenEvo Bildungskonzept eine Vielzahl von Bildungsansätzen, die auf Kompetenzen des 21. Jahrhunderts abzielen, und fügt neue Unterrichtsideen und Lernziele hinzu, die sich durch unseren Fokus auf übertragbares Verständnis der menschlichen Evolution und des menschlichen Verhaltens ergeben und die in wichtigen Fragen des menschlichen Wohlbefindens und der Nachhaltigkeit involviert sind.

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Metakognitive Kompetenz ist die Fähigkeit, das eigene Denken und Verhalten wahrzunehmen, zu bewerten, flexibel umzugestalten und zu regulieren, einschließlich des eigenen Lernens, des eigenen Verständnisses von Konzepten sowie des eigenen Verhaltens in Bezug auf wichtige Kompetenzen und Werte.

Systemdenken umfasst die Fähigkeit, kausale Beziehungen in komplexen Systemen auf verschiedenen Ebenen zu erkennen und zu verstehen, von der Selbst- bis zur globalen Ebene und innerhalb verschiedener Domänen; komplexe Systeme zu analysieren und Dynamiken wie multiple Kausalität, Nichtlinearität, Rückkopplungsschleifen, Verzögerungen und Emergenz zu erkennen; und mit Ungewissheit umzugehen.

Lehr-/Lernmittel wie Ursache-Wirkungsdiagramme und Auszahlungsmatrizen sowie Computermodelle komplexer Systeme können Schüler:innen dabei unterstützen, die Kompetenz zum Systemdenken zu entwickeln.

Evolutionäres Denken, ähnlich dem Systemdenken, beinhaltet die Fähigkeit, Veränderungen in Populationen und komplexen Systemen durch die Dynamik dezentralisierter Prozesse der Variation, Selektion und Informationsübertragung oder -speicherung sowie durch das zielgerichtete Verhalten von Akteuren zu verstehen und zu analysieren.

Lehr-/Lernmittel wie Ursache-Wirkungsdiagramme, Tinbergens Fragen und die Übertragung evolutionärer Prozesse über verschiedene Domänen hinweg; sowie verschiedene Inhaltsfelder können Schüler:innen dabei untestützen, evolutionäres Denken zu entwickeln und evolutionäre Konzepte auf die Analyse von Veränderungen in Ökosystemen, sich selbst, in der Kultur und der Gesellschaft anzuwenden.

Interdisziplinäres Denken ist die Fähigkeit, Wissen, Konzepte, Prinzipien, Fähigkeiten und Methoden verschiedener Disziplinen anzuwenden, zu übertragen und zu kombinieren, um neuartige Probleme zu verstehen und zu lösen.

Lehr-/Lernmittel wie Wissensstrukturdiagramme und Analogievergleiche karten sowie andere pädagogische Ansätze, die konzeptuelles Denken und Lerntransfer fördern, können Schüler:innen bei der Entwicklung von interdisziplinärem Denken unterstützen.

Kritisches Denken ist die Fähigkeit und Einstellung, Normen, Praktiken und Meinungen in Frage zu stellen; und eigene Werte, Wahrnehmungen, Vorurteile, Meinungen und Handlungen zu reflektieren.

Das Verständnis menschlicher Verhaltensweisen wie schnelles und langsames Denken, kognitive Verzerrungen, moralische Intuitionen, soziale Normen und Nachahmung sowie das Üben von Fähigkeiten für psychische Flexibilität können die Entwicklung von kritischem Denken unterstützen.

Selbstregulation umfasst die Fähigkeit, die eigenen Gefühle, Gedanken und Wünsche zu verstehen und flexibel damit umzugehen; angesichts von Herausforderungen resilient zu sein; lebenslang zu lernen und zu wachsen; und das eigene Handeln kontinuierlich im Hinblick auf Ziele und Werte zu bewerten und weiter auszurichten.

Diese Kompetenz steht in engem Zusammenhang mit dem Konzept der psychischen Flexibilität, welches im Feld der kontextuellen Verhaltenswissenschaft entwickelt wurde. Somit können Konzepte und Methoden, die in für die Förderung von psychischer Flexibilität entwickelt wurden, auch als Grundlage für pädagogische Inhalte und Methoden dienen, um die Kompetenz der Selbstregulation von Schüler:innen zu unterstützen.

Lehr-/Lernmittel wie das Wahrnehmungstool, die Erörterung von Konzepten wie Werte, Emotionen, schnelles und langsames Denken und deren Beziehung zu Growth Mindset, oder eine Erörterung der Ursprünge der menschlichen Sprache und des symbolischen Denkens, können Schüler:innen dabei unterstützen, flexibel auf ihre Erfahrungen zu reagieren und ihr Verhalten wertorientiert auszurichten.

 

Kooperationskompetenz umfasst die Fähigkeiten, Gruppenkulturen zu reflektieren und kollaborative und partizipative Kulturen zu fördern; die Bedürfnisse, Werte, Perspektiven und Handlungen anderer über verschiedene soziokulturelle Hintergründe hinweg zu verstehen, zu respektieren und diese in Betracht zu ziehen (Empathie, Perspektivenübernahme); gemeinsame Ziele und Werte auszuhandeln und Konflikte in einer Gruppe zu bewältigen.

Die Betrachtung der Evolution von Kooperation, insbesondere in unserer Art, die Verwendung von Auszahlungsmatrizen, um die Rolle sozialer Dilemmata als Hindernis der Zusammenarbeit zu verstehen, und die Anwendung von Gestaltungsprinzipien für Zusammenarbeit können Schüler:innen dabei unterstützen, das Verständnis und die Fähigkeiten zu entwickeln, die der Kooperationskompetenz zugrunde liegen.

Interkulturelle Kompetenz umfasst die Fähigkeit, sich des eigenen kulturellen Kontextes bewusst zu sein; den Einfluss von Kultur auf menschliches Verhalten, Denken, Werte und Überzeugungen zu verstehen; sensibel gegenüber Menschen verschiedener Kulturen zu sein und angemessen mit ihnen zu interagieren.

Die Entwicklung interkultureller Kompetenz kann durch die Erforschung der kulturellen Vielfalt menschlichen Verhaltens und Denken sowie durch die Erforschung der komplexen Ursachen menschlichen Verhaltens, insbesondere Ursachen in der kulturellen Evolutionsgeschichte, unterstützt werden.

Bewertungskompetenz umfasst die Fähigkeiten, die Normen und Werte, die den eigenen Meinungen und Handlungen zugrunde liegen, zu verstehen und zu reflektieren; und gemeinsame Werte, Prinzipien und Ziele in einem Kontext von Interessenkonflikten und Kompromissen, Ungewissheit und Widersprüchen auszuhandeln.

Die Entwicklung von Bewertungskompetenz kann durch explizite Reflexionen über den Begriff „Werte“ und damit verbundene Verhaltenskonzepte sowie durch regelmäßige Klärungen und Reflexionen über persönliche und gemeinsame Werte, etwa mit Hilfe des Wahrnehmungstools, unterstützt werden.

Zukunftsdenken umfasst die Fähigkeiten, mehrere Zukunftsszenarien und ihre Auswirkungen auf Verhalten, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit zu reflektieren, zu verstehen und zu bewerten; eigene Zukunftsvisionen zu entwerfen und zu kommunizieren und zugrunde liegende Werte und Annahmen zu identifizieren; Ziele und Aktionspläne zur Verwirklichung von Zukunftsvisionen zu entwickeln; und mit Risiken und Veränderungen flexibel umzugehen.

Die Entwicklung von Fähigkeiten zum Zukunftsdenken kann durch das Verständnis der Schüler:innen für die Rolle von Zukunftsdenken (oder „mentales Zeitreisen“) in der menschlichen Evolution und im menschlichen Verhalten, seine Beziehung zur Moralität, zur Schaffung gemeinsamer Narrative und Werte und zur Motivation von individuellem und kollektiven Handeln unterstützt werden.

Verwandt mit kritischem Denken, metakognitiver Kompetenz und Selbstregulationskompetenz beinhaltet intellektuelle Bescheidenheit (englisch intellectual humility) die Fähigkeiten, sich der Ursprünge, Veränderbarkeit und Grenzen der eigenen Meinungen und des eigenen Wissens bewusst zu sein sowie offen für die Ideen anderer und ihre Werte zu sein, um  das eigene und gemeinsames Lernen und Verstehen zu fördern.

Das Erforschen von Konzepten wie kognitive Verzerrungen oder die Verwendung des Wahrnehmungstools, um sich unangenehmer Gedanken und Gefühle bewusst zu werden und diese zu akzeptieren, wenn man mit Unsicherheit konfrontiert wird oder auf ungewohnte Ideen stößt, kann  Schüler:innen dabei unterstützen, intellektuelle Bescheidenheit zu entwickeln.

Growth Mindset ist ein Verständnis des menschlichen Gehirns und des menschlichen Wissens und Verhaltens als modifizierbar und durch Erfahrung geformt; eine Einstellung und Fähigkeit, zu lernen und zu wachsen, auch angesichts von Misserfolgen und Rückschlägen.

Wir betrachten die Konzepte von Growth Mindset vs. Fixed Mindset, wie sie in der Erziehungswissenschaft entwickelt wurden (Dweck, 2012), als angrenzend an Konzepte von psychischer Flexibilität vs. psychischer Inflexibilität, wie sie im Bereich der kontextuellen Verhaltenswissenschaft entwickelt wurden. So kann die Entwicklung von Growth Mindset durch Methoden unterstützt werden, die zur Förderung der psychischen Flexibilität entwickelt wurden, wie Achtsamkeit, Offenheit für und Akzeptanz von Erfahrungen, Werteklärung und engagiertes Handeln auch angesichts unangenehmer Erfahrungen.

Community Science-Kompetenz umfasst die Fähigkeiten, wissenschaftliche Konzepte, Methoden, Arbeitsabläufe, Praktiken sowie ethische Forschungsstandards mit dem Ziel zu nutzen, die eigenen Gemeinschaften zu verstehen und in eine wertorientierte Richtung zu verbessern.

Unser Community Science Lab unterstützt Schüler:innen in der Aneignung und Anwendung von Wissen und Fertigkeiten, die dieser Kompetenz zugrundeliegen.

Design Thinking umfasst die Fähigkeiten, Lösungen, Tools, Interventionen usw. durch iterative Prozesse von Kontext- und Bedarfsanalysen, Ideenfindung, Prototyping, Experimentieren, Evaluierung und Neugestaltung analytisch und kreativ zu entwerfen.

Literaturangaben

Dweck, C. S. (2012). Mindsets and human nature: Promoting change in the Middle East, the schoolyard, the racial divide, and willpower. The American Psychologist, 67(8), 614–622. https://doi.org/10.1037/a0029783
Kashdan, T. B., & Rottenberg, J. (2010). Psychological Flexibility as a Fundamental Aspect of Health. Clin Psychol Rev., 30(7), 865–878. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2010.03.001
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Razzouk, R., & Shute, V. (2012). What Is Design Thinking and Why Is It Important? Review of Educational Research, 82(3), 330–348. https://doi.org/10.3102/0034654312457429
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Wiek, A., Withycombe, L., & Redman, C. L. (2011). Key competencies in sustainability: A reference framework for academic program development. Sustainability Science, 6(2), 203–218. https://doi.org/10.1007/s11625-011-0132-6