Symbole und Sprache
Die menschliche Sprache und unsere Fähigkeit zum symbolischen Denken gehören wohl zu den menschlichen Eigenschaften, die am schwierigsten zu untersuchen und zu verstehen sind –
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Wie vergleichen sie sich mit den Fähigkeiten anderer Tiere?
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Wann in unserer Evolutionsgeschichte sind diese Eigenschaften entstanden – und warum?
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Wie entwickeln sich diese Fähigkeiten im Laufe unseres Lebens?
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Wie wirken sie sich auf unsere täglichen Erfahrungen und Verhaltensweisen aus?
Gleichzeitig scheinen sie wichtige Merkmale zu umfassen, die das Verhalten unserer Art einzigartig machen und für die kulturelle Evolution und unsere Fähigkeit, mit Millionen von Menschen zusammen zu leben und zusammenzuarbeiten, wesentlich sind. Anzeichen für die Verwendung von Symbolen in archäologischen Funden gelten unter Wissenschaftler*innen als zweifelloses Markenzeichen für die Existenz eines „modernen“ Menschen – modern im Verhalten, und nicht nur in seinem Körperbau.
Es kann für uns schwierig sein zu verstehen, was menschliche Sprache (egal ob es sich um gesprochene Wörter, Gebärdensprache, Schrift oder irgendeine andere Form menschlicher symbolischer Kommunikation handelt) und symbolisches Denken ausmacht, im Vergleich zur Kommunikation bei anderen Tieren. Ein Grund dafür ist, dass sie so sehr Teil unserer persönlichen Erfahrung und Identität sind, und es ist schwer vorstellbar, wie ein Leben und Erfahrungen ohne menschliche Sprache und Symbole sein würden.
Können andere Tiere menschliche Sprache lernen?
Die Laute, die wir von anderen Tierarten kennen, klingen für uns oft wie „menschliche Sprache“, voller Bedeutung und Ausdruck. Viele Tiere tauschen Informationen durch Laute oder andere Signale aus, die eine Reaktion anderer hervorrufen. Aber wie ähnelt und unterscheidet sich dieses Verhalten von der menschlichen Sprache? Wir kennen Papageien, die Wörter sprechen lernen können, und wir haben von Hunden und Affen gehört, die von Menschen darauf trainiert wurden, über Hunderte oder gar Tausende von Symbolen zu kommunizieren. Aber verstehen sie die Symbole wirklich so wie wir?
Der längste „Satz“, der angeblich jemals von einem Menschenaffen zum Ausdruck gebracht wurde ist:
„Give orange me give eat orange me eat orange give me eat orange give me you.“
– Nim Chimpsky
Wie ähnelt und unterscheidet sich dieser Satz von dem, was Menschen mit ihrer Sprache zum Ausdruck bringen? Welche Aspekte sind vorhanden, welche nicht?
"We see that the other primates have complex social lives, but that they do it without languages. They do have many ways to communicate, but none of them are as information-rich and temporally complex as language. Even humans who cannot speak can still use language (sign language or writing).
To understand how important this is, try to go a few hours using words that represent only things in your immediate line of sight, that refer only to the present moment, and that contain no adjectives or representations of your inner thoughts. It will not be easy. We take the importance of language for granted because we are so totally reliant on it."
To understand how important this is, try to go a few hours using words that represent only things in your immediate line of sight, that refer only to the present moment, and that contain no adjectives or representations of your inner thoughts. It will not be easy. We take the importance of language for granted because we are so totally reliant on it."
Agustín Fuentes (2018, p. 151)
Obwohl Wissenschaftler:innen in der Lage sind, Affen die Verwendung einer Vielzahl von Symbolen beizubringen, dauert es sehr lange und viele Versuche, bis Affen die einzelnen Symbole lernen, und sie können auf diese Weise bis zu einige hundert bis tausend Zeichen lernen. Im Gegensatz dazu haben menschliche Kinder im Alter von 2 oder 3 Jahren bereits schnell Wörter aufgenommen, indem sie einfach mit anderen Menschen in ihrer Umgebung interagieren und so zwischen 10 und 20 Wörter pro Woche lernen. Schließlich scheinen Schimpansen und andere Affen im Vergleich zu kleinen Kindern nicht einmal die Zeigegeste zu verstehen, wenn sie verwendet wird, um sich gegenseitig auf interessante Dinge in der Welt hinzuweisen – ein wichtiges Element, das es Kindern und Erwachsenen wiederum ermöglicht, sich in alltäglichen Interaktionen eine große Anzahl an Wörtern für Dinge beizubringen.
Menschen benutzen die Sprache auch, um sich gegenseitig Fragen zu stellen, sich gegenseitig Dinge zu erzählen, wie zum Beispiel, was ihnen vorher passiert ist und was sie später vorhaben, was sie fühlen und denken. Affen scheinen ihre erlernten Zeichen nicht für solche Dinge zu benutzen, sondern sie scheinen sie hauptsächlich zu benutzen, wenn sie etwas von einem Menschen wollen (wie „Gib mir Orange„). So gehen viele Wissenschaftler*innen davon aus, dass menschliche Kooperation eine wichtige Voraussetzung für die Evolution der menschlichen Sprache war.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der menschlichen Sprache scheint es zu sein, dass Menschen Wörter in nahezu endlosen Kombinationen nach den Regeln der Grammatik zu Sätzen kombinieren können. Wissenschaftler*innen nennen diesen Aspekt der menschlichen Sprache „Generativität“ – was bedeutet, dass wir damit eine unendliche Anzahl von Ideen kommunizieren können, indem wir Laute und Wörter auf unterschiedliche Weise neu kombinieren. Jeden Tag stößt du wahrscheinlich auf Sätze, die du noch nie zuvor gehört oder gelesen hast (wie möglicherweise die Sätze in diesem Absatz), und dennoch wirst du meistens verstehen, was sie bedeuten. Die Kommunikationsformen anderer Tiere scheinen diese Eigenschaft nicht zu haben, oder nur in sehr begrenztem Maße.
Symbole und symbolisches Denken
Ein wichtiger Aspekt der menschlichen Sprache ist die Verwendung von Symbolen. Das Wort Symbol stammt vom griechischen symbolon, was so viel wie Kennzeichen oder Erkennungsmerkmal bedeutet
Symbole haben ihre Bedeutung aufgrund ihrer Beziehung zu etwas anderem. Diese Beziehungen werden gelernt und gelehrt, so dass jeder in einer symbolischen Gemeinschaft weiß, was das Symbol bedeutet, wofür es steht. Symbole können mehr oder weniger beliebig oder willkürlich sein. Zum Beispiel symbolisiert das Bild eines Auges ein echtes Auge und ist nicht sehr willkürlich. Es teilt die tatsächlichen Merkmale eines Auges, es sieht aus wie ein Auge, sodass jeder Mensch auf der Welt weiß, dass es für ein Auge steht. Solche Bilder, welche Dinge in der Welt nachbilden, werden auch icons oder Piktogramme genannt.
Aber das Wort „Auge“ in Buchstaben oder Lauten ist ein willkürliches Symbol – niemand, der die deutsche Sprache nicht gelernt hat, wird wissen, was es bedeutet. Unterschiedliche Sprachen haben unterschiedliche, gleichermaßen willkürliche Wörter für die gleiche Sache. So gelten Wörter als echte willkürliche Symbole – sie haben ihre Bedeutung, weil jeder in der Gemeinschaft gelernt hat, was es bedeutet, und nicht, weil es der „echten“ Sache ähnelt.
In ähnlicher Weise sind einige Gesten in Gebärdensprachen mehr oder weniger ikonisch – sie ahmen die Realität nach, sodass jemand, der die Gebärdensprache nicht gelernt hat, manchmal erraten kann, was gemeint ist. Andere Gesten in Gebärdensprachen sind eher willkürlich, so dass man die Gebärdensprache lernen muss, um zu wissen, was gemeint ist. Das Braille-Schriftsystem für Blinde ist wie unser Alphabet wirklich willkürlich.
Oft entwickeln sich willkürlichere Symbole aus weniger willkürlichen Symbolen im Laufe der Zeit – denke z.B. an die Entwicklung der Schriftsysteme – von den ersten Piktogrammen und ägyptischen Hieroglyphen bis zu den abstrakten lateinischen Buchstaben und anderen heute weltweit verwendeten Schriftsystemen.
Wörter in verschiedenen Sprachen für „Auge“. Sie sind alle willkürliche Symbole, weil sie keine Ähnlichkeit mit einem Auge haben. Menschen wissen nur, was das Symbol bedeutet, wenn sie in ihrem sozialen Umfeld lernen, was es bedeutet. Auf der anderen Seite – sobald du weißt, dass alle diese Wörter „Auge“ bedeuten, kannst du sofort verstehen, was alle Wörter bedeuten, auch wenn du sie noch nie zuvor gesehen hast – so schnell können wir die Bedeutung neuer Symbole lernen.
Durch willkürliche Symbole können wir auch Ideen und abstrakte Konzepte ausdrücken, die keine wirklich sichtbaren Objekte und Dinge sind, welche wir mit unseren Sinnen erleben können (im Gegensatz zu icons) – wie die Konzepte Wissenschaft, Evolution, Nachhaltigkeit, Vergangenheit, Zukunft, Klimawandel, Ursache, Wirkung, Himmel, Hölle, Glück usw.
Forscher:innen wollen herausfinden, ob Symbole die Fähigkeit von Menschen und anderen Primaten beeinflussen, ihre Impulse zu kontrollieren.
Symbole scheinen es uns zu ermöglichen, uns auf Dinge in der Welt mit etwas mehr „emotionaler Distanz“ zu beziehen, wodurch wir möglicherweise bessere, weniger impulsive Entscheidungen treffen können. Diese Wirkung von Symbolen auf das Verhalten wurde sogar bei einigen nichtmenschlichen Primaten beobachtet. Allerdings scheinen Primaten außerhalb des Labors und ohne Interaktion mit Menschen keine Symbole zu verwenden.
Je abstrakter oder willkürlicher ein Symbol ist, desto mehr emotionale Distanz scheint es zu schaffen. Andererseits, je mehr Zeit wir damit verbracht haben, die Beziehung zwischen einem Symbol und seiner Bedeutung zu lernen, desto emotionaler wird das Symbol wieder – wir könnten „vergessen“, dass es nur ein Symbol ist, und es wie die reale Sache behandeln.
Sprache und Symbole - ein Fluch und ein Segen?
Mit Sprache kann sich unsere Art also über abwesende Dinge verständigen, und auch abwesende und abstrakte Dinge mental „vor Augen“ haben. Es ist, als ob das, was wir mit Hilfe von Wörtern oder anderen Symbolen ausdrücken, wirklich vor uns ist. Dies ist großartig – um uns zu motivieren, für die Jagd (oder die Prüfung) von morgen zu planen und Vorbereitungen zu treffen; um uns an die Gefahr oder unangenehme Situation zu erinnern, mit der wir vorhin konfrontiert waren, damit wir daraus lernen können; um anderen zu erzählen, was wir erlebt haben, damit sie daraus lernen können; oder um ein Gefühl der Zugehörigkeit und gemeinsamen Identität zu fördern, indem wir unsere Gedanken, Gefühle und Erfahrungen mit anderen teilen.
Doch diese Fähigkeit hat auch eine Schattenseite – mithilfe von Sprache können wir auch abwesende Dinge „wahr“ und „echt“ erscheinen lassen, die sehr beängstigend und negativ sind – die Gefahr oder unangenehme Situation, mit der wir vorhin konfrontiert waren, ist im Moment nicht mehr wirklich da, und wir können Interpretationen über uns selbst, über andere und über die Welt um uns herum schaffen, die nicht hilfreich sind, uns nicht motivieren, oder gar schädlich für uns selbst und unsere Mitmenschen sein können.
Unsere Fähigkeit zur Sprache, die einen fast endlosen Gedankenstrom in unserem Kopf erzeugt, zusammen mit unserer Fähigkeit zum mentalen Zeitreisen, die uns die Vergangenheit immer wieder neu erleben lässt und dank der wir uns Zukunftsszenarien vorstellen können, scheint uns für eine Reihe von psychischen Problemen anfällig zu machen, oder zu sozialen Konflikten zu führen.
So ist es womöglich eines der wichtigsten Gründe, die Ursprünge und Facetten von menschlicher Sprache und Symbolen im Unterricht zu behandeln, um in SchülerInnen die Kompetenz zu fördern, Sprache, Symbole und symbolisches Denken flexibler und auf weniger schädliche Weise zu verwenden.
Eine Möglichkeit, die negativen Auswirkungen von Sprache und Symbolen zu reduzieren, besteht darin, sich der Tatsache bewusster zu werden, dass die Gedanken, Bilder und Erinnerungen, die dank der Fähigkeit für symbolisches Denken in unserem Geist erzeugt werden, nicht „die reale Sache“ sind, so dass wir sie mit etwas Abstand betrachten können. Wir können ihnen zum Beispiel zuhören, so wie wir ein Radio hören, welches im Hintergrund an ist. Einige Verhaltensforscher verwenden das Wort „kognitive Defusion“ für diese Fähigkeit, was bedeutet, dass wir unsere innere Sprache wahrnehmen können, uns aber dennoch vom Inhalt unserer Gedanken distanzieren, anstatt vollständig mit ihnen „verschmolzen“ zu sein.
Was ist das? Wahrscheinlich wirst du ohne zögern „ein Feuer“ sagen.
Aber tatsächlich ist dies natürlich nicht wirklich ein Feuer – es sind nur Pixel auf deinem Bildschirm. Die Tatsache, dass wir – ohne groß darüber nachzudenken – meinen, dass wir ein Feuer sehen, gibt uns einen kleinen Einblick in die Art und Weise, wie Sprache und symbolisches Denken unseren Geist beeinflussen.
"Although we humans have gained the ability to extract ourselves from the physical jungle, through language we are now recreating the danger of the jungle in our heads again and again."
Ciarrocchi & Hayes (2018, p. 118)
"Imagine if we could teach young people to become mindful of the ways that symbols can dominate our interpretations of experience and can become unhelpful. They might then learn to use symbols like tools, and “put them down” when no longer useful. They might become less caught up in self-criticism, materialism and prejudice. Could they pass these lessons on to their children?”
Ciarrocchi & Hayes (2018, p. 121)
Der Psychologe Russ Harris erklärt die Metapher eines Radiosenders für den unaufhörlichen (und oft negativen) Gedankenstrom in unserem Geist.
Sprache und Wahrnehmung
Was ist der Zusammenhang zwischen Sprache und der Entwicklung unserer Wahrnehmung? Ist Sprache lediglich eine Art und Weise, unsere vorhandenen Gedanken, Ideen und Gefühle auszudrücken? Oder beeinflusst Sprache etwa auch, was wir im Laufe unseres Lebens denken, fühlen, oder wie wir die Welt wahrnehmen?
Wenn letzteres stimmt, nämlich dass Sprache unsere Wahrnehmung beeinflusst, dann müssten Menschen, die unterschiedliche Sprachen sprechen, ihre Welt ganz unterschiedlich wahrnehmen. Die Forschung von Psycholog*innen deutet an, dass dies tatsächlich so ist – Menschen mit unterschiedlicher Muttersprache scheinen Zeit und Raum, Farben, selbst Emotionen und Empfindungen, anders wahrzunehmen, je nachdem, wie ihre Sprache die Welt mithilfe ihrer Wörter in Kategorien einteilt.
Dennoch scheint es auch eine gewisse Ähnlichkeit oder Stabilität zwischen den Sprachen zu geben. Die kulturelle Evolution der Sprache prägt also sowohl unsere Wahrnehmung, aber wird auch geprägt durch unsere grundlegende menschliche Physiologie und die Art und Weise, wie wir Menschen die physische Welt wahrnehmen.
Die Kognitionswissenschaftlerin Lera Boroditsky spricht über die Beziehung zwischen Sprache und Wahrnehmung und über wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie Sprache unsere Wahrnehmungen und Interpretationen der Welt beeinflusst.
Transkript Deutsch, Transkript Englisch
Link zum Ted Talk mit Untertiteln
Sprachen unterscheiden sich darin, wieviele Grundwörter sie für verschiedene Farbtöne haben. In manchen Sprachen wird z.B. nur zwischen drei Farben unterschieden – schwarz (oder dunkel), weiß (oder hell), rot. Andere Sprachen haben viel mehr Wörter.
Aber gibt es dennoch Gemeinsamkeiten oder ein regelmäßiges Schema, nach dem Sprachen das Farbspektrum in Kategorien einteilen?
Und beeinflussen die Wörter, die wir im Laufe unseres Lebens für verschiedene Farben lernen, auch unsere Wahrnehmung von Farben?
Sprache und Emotionen
Mit Hilfe der Sprache drücken wir auch unsere Emotionen aus. Wie bei anderen Wahrnehmungen auch, spiegeln die Konzepte, die wir Emotionen nennen, teilweise die physiologische Realität unseres Körpers wider (d.h. Wörter für Emotionen stehen für verschiedene physiologische Zustände unseres Körpers, welche durch Evolution entstanden sind, um auf verschiedene Situationen zu reagieren). Aber die Wörter, die wir verwenden, um diese Zustände auszudrücken, können auch eine viel komplexere und abstraktere Bedeutung annehmen, so dass wir diese Zustände nicht nur in unserem Körper spüren, sondern auch interpretieren und bewerten.
Dieser Aspekt führt zu großen Diskussionen unter Wissenschaftler*innen darüber, inwieweit unsere Wahrnehmung von Emotionen der von anderen Tieren ähnelt. Aufgrund unseres gemeinsamen evolutionären Erbes teilen wir mit Tieren viele physiologische Funktionen, die unser Gefühlsempfinden in unserem Körper verursachen, wie z. B. die Stressreaktion und die Produktion von Hormonen wie Serotonin, Dopamin, Cortisol, Adrenalin und Oxytocin. Aufgrund von Sprache kann die Art und Weise, wie wir Menschen Emotionen erleben, jedoch viel komplexer sein, was zu immer abstrakteren Vorstellungen über Emotionen führt, und zu viel mehr unterschiedlichen emotionalen Konzepten – alles verbunden mit unserer ständig wachsenden Sammlung von Erinnerungen und Geschichten darüber, wer wir als Individuen sind. Denke mal darüber nach, was du mit den Worten „Spaß“, „Aufregung“, „Melancholie“, „Stress“ oder „Schuld“ verbindest- wahrscheinlich mehr als wie diese Zustände sich in deinem Körper anfühlen, rufen diese Worte vielleicht auch Erinnerungen an Situationen und Menschen hervor, oder Bewertungen darüber, ob diese Zustände gut oder schlecht sind.
Wie bei Farben, Raum und Zeit haben verschiedene Sprachen auch unterschiedliche Wörter für Emotionen und sie kategorisieren allgemeine mentale Zustände unterschiedlich. Dennoch scheinen alle Sprachen unsere mentalen Zustände nach einer allgemeinen „gut oder schlecht“ Dimension sowie nach ihrer allgemeinen Intensität zu kategorisieren.
Die Fähigkeit, unsere Emotionen mit Sprache auszudrücken, scheint wichtig für unsere Fähigkeit zu sein, unsere emotionalen Zustände zu regulieren. Studien haben beispielsweise ergeben, dass je mehr Vokabeln ein Kind kennt, desto besser kann es seine Emotionen regulieren. So wie Symbole es uns ermöglichen, eine „emotionale Distanz“ zu etwas zu schaffen, damit wir es anders betrachten können (z. B. mit weniger emotionaler Intensität), können Worte für Emotionen uns helfen, unsere Erfahrung zu verstehen und diese Erfahrung mit anderen zu teilen, was uns wiederum helfen kann, unsere mentalen Zustände zu regulieren. Die Fähigkeit, unsere Erfahrungen mit der Sprache auszudrücken, ist auch wichtig, um eine Verbindung und gemeinsame Identität mit anderen Menschen aufzubauen – eine wichtige Grundlage für die Fähigkeit unserer Art, mit vielen anderen zusammenzuarbeiten.
Da Emotionswörter jedoch auch oft mit Bewertungen und Interpretationen wie „das ist gut, ich will mehr davon“ oder „das ist schlecht, ich mag das nicht, ich will, dass das weggeht“ verbunden sind, könnten wir auch zu sehr damit beschäftigt sein, all die Dinge zu bewerten, die in unserem Körper vor sich gehen. Anstatt zum Beispiel nur einen leichten Anflug von Beklemmung in der Brust oder im Magen zu bemerken und es einfach vorüberziehen zu lassen, könnten wir uns damit beschäftigen, diese Wahrnehmung zu interpretieren, nach der Ursache dafür zu suchen, Vorhersagen darüber zu treffen und allgemein damit verbundene Erinnerungen durchzuspielen, oder diese Empfindung zu bewerten, was wiederum zu mehr solcher Empfindungen führen könnte und so weiter. Anstatt zu bemerken, dass wir derzeit unter Stress stehen, könnten wir die Situation als mehr oder weniger schrecklich und hoffnungslos interpretieren oder nicht. In der Tat hat die Forschung ergeben, dass unsere Interpretationen von mentalen Zuständen wie Stress einen stärkeren Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden haben können, als die tatsächlichen Zustände selbst.
siehe auch: Emotionen
Artikel zur Forschung darüber, wie sich die Bedeutungen von Emotionswörtern zwischen Sprachen ähneln und unterscheiden:
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Unsere alltägliche Erfahrung ist so vielfältig, dass wir Dinge erleben können, für die wir keine Worte haben und vielleicht keine Sprache ein Wort hat – und doch erleben wir sie.
Ein aufschlussreiches und unterhaltsames Projekt ist es, neue Wörter zu „erfinden“, um unsere vielfältigen Lebenserfahrungen auszudrücken – und uns so bewusst zu machen, dass wir diese Erfahrungen mit anderen Menschen teilen.
In diesem Ted-Vortrag gibt uns der Schöpfer des „Dictionary of Obscure Sorrows“ interessante Einblicke in die Bedeutung und Wichtigkeit von Wörtern, basierend auf seiner Erfahrung, neue Wörter für die unterschiedlichsten alltäglichen Erfahrungen zu erfinden und die Reaktionen von Menschen darauf.
Ideen für den Unterricht (insb. für den Deutsch-, Ethik-, Fremdsprachenunterricht)
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Schüler:innen suchen im Dictionary of Obscure Sorrows (siehe Website- und Youtube-Kanal-Links oben) nach ihren Lieblingswörtern, die für sie eine wichtige oder bedeutungsvolle Erfahrung vermitteln und ihrer Meinung nach von Menschen verwendet werden sollten, und sie schreiben einen Absatz darüber, warum das Wort und ihre Bedeutung für sie wichtig sind.
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Schüler:innen erfinden ihre eigenen Wörter für eine Emotion oder Erfahrung, die sie gerne in Sprache ausgedrückt sehen würden, und schreiben einen Wörterbucheintrag dafür. Die SchülerInnen können Elemente von existierenden Sprachen verwenden, um diese Wörter zu erstellen – Präfixe, Suffixe, Wortstämme usw.
Eine interessante Art und Weise, wie Wissenschaftler:innen den Zusammenhang zwischen Sprache und Emotion untersuchen, besteht darin, zu vergleichen, wie Menschen auf emotionale Wörter reagieren oder emotionale Entscheidungen in ihrer Muttersprache treffen, im Vergleich zu einer Fremdsprache.
Die Ergebnisse sagen etwas darüber aus, wie Wörter eine tiefsitzende Bedeutung erlangen, wenn wir während unserer Entwicklung im Umgang mit unseren Eltern und anderen Menschen eine Sprache lernen – emotionale Wörter, Schimpfwörter oder Aufforderungen und Tadel in unserer Muttersprache scheinen für uns „echter“ und tendieren dazu, in uns mehr emotionale Reaktionen zu wecken als dieselben Wörter in einer zweiten Sprache, die wir später im Leben und auf andere Weise gelernt haben als die Muttersprache.
Evolution von Sprache und symbolischen Denken
Für Anthropolog:innen ist es sehr schwierig, einen genauen Zeitpunkt für die Entstehung der menschlichen Sprache zu finden, da dieses Merkmal keine Spuren hinterlässt, die Fähigkeit zur Sprache in verschiedenen Formen auftreten kann, und verschiedene miteinander verbundene Merkmale beinhaltet.
Aber viele denken, dass sich die Sprache nur aufgrund der Evolution der Zusammenarbeit in unserer Art entwickeln konnte. Der Austausch von Informationen durch Sprache ist im Grunde eine kooperative Handlung – Mitglieder einer Gruppe tauschen hilfreiche Informationen miteinander aus. Wenn es hauptsächlich Konkurrenz zwischen Individuen gäbe oder wenn das Überleben nicht so stark von der Zusammenarbeit und Koordination mit anderen in der Gruppe abhängen würde, gäbe es keine starke Motivation, regelmäßig hilfreiche Informationen mit anderen auszutauschen, und es wäre nicht vorteilhaft, Merkmale zu haben, die den effizienten und effektiven Austausch solcher Informationen ermöglichen.
So denken viele Wissenschaftler, dass eine erhöhte soziale Toleranz, die verbesserte Fähigkeit (und Motivation), Informationen durch Gesten (z. B. Zeigen) und Augenkontakt auszutauschen, und damit die Fähigkeit, eine gemeinsame Aufmerksamkeit zu teilen (wir wissen, dass wir dasselbe betrachten) wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung der menschlichen Sprache waren. Alle diese Eigenschaften sind im Laufe der menschlichen Evolution entstanden, weil es notwendig war, zusammenzuarbeiten, Aktivitäten zu koordinieren und komplexe Fähigkeiten zu lehren und zu lernen.
Viele denken, dass Kommunikation durch Gestik vor der gesprochenen Sprache gekommen sein muss: Durch Gesten kann man sich spezifisch auf etwas in der Umgebung beziehen, und Gesten, die etwas imitieren, sind ikonischer (siehe oben), das heißt – solche Gesten beziehen sich auf konkrete reale Dinge oder ahmen diese nach (d. h. sie sind nicht willkürlich). Bei Lauten wäre es hingegen für andere nicht klar, worauf sich der Laut beziehen soll (d.h. Laute sind eher willkürlich). Darüber hinaus erzeugte das Lehren komplexer Fähigkeiten einen starken Selektionsdruck für Kommunikation, welche wahrscheinlich mit Gesten (Zeigen, Körperbewegungen) und Blicken begann und möglicherweise allmählich mit Lauten kombiniert wurde, um die Hände frei zu haben – sogar Laute, die „hier“, „dort“, „so“, „du“, „ich“, „nein“, „ja“ bedeuten, wären vorteilhaft. Durch ständige kooperative Interaktionen unter unseren Vorfahren würde es klar werden, was mit den Lauten gemeint ist. Schließlich würde die Bedeutung der Laute ohne die Geste verstanden werden. Die Laute wurden willkürlich – das bedeutet, dass jeglicher Laut eine Bedeutung für die kommunizierenden Menschen in einer Gemeinschaft erhalten haben könnte, nur weil sie alle gelernt haben, was es bedeutete.
Es scheint auch, dass die Herstellung komplexer Werkzeuge (insbesondere Werkzeuge, die viele Arbeitsschritte benötigen oder die aus mehreren Teilen bestehen, wie Speeren) ähnliche kognitive Fähigkeiten erfordern wie die Fähigkeit zur Sprache. Die Erstellung dieser Werkzeuge erfordert die Fähigkeit, Aktionen in vielen hierarchischen Schritten und Abläufen zu organisieren und zu planen. Dies ähnelt der Strukturierung menschlicher Sprachen durch Grammatik. Um diesen Satz zu verstehen, musst du alle Teile des Satzes im Kopf behalten und sie richtig kombinieren, um die Bedeutung zu verstehen. Wissenschaftler haben ein Gen gefunden, FOXP2, das an diesen kognitiven Funktionen beteiligt zu sein scheint, und Menschen, die eine Mutation in diesem Gen haben, scheinen beeinträchtigte Sprachfähigkeiten zu haben. Die Herstellung von Werkzeugen erfordert auch eine starke Kontrolle und Koordination der Körperbewegungen, in ähnlicher Weise wie das Erzeugen von Sprache eine starke Kontrolle über Atem, Zunge und Lippen erfordert.
Die Vergrößerung des Gehirns, insbesondere des Neokortex, Veränderungen der Aktivität und Konnektivität von Nervenzellen, sowie die zunehmende Lateralisierung der Gehirnfunktionen während der menschlichen Evolution scheinen auch mit dafür verantwortlich zu sein, dass wir Sprache und symbolische Beziehungen so mühelos und schnell lernen, sowie für die Fähigkeit zum „Offline-Denken“ – das bedeutet unsere Fähigkeit, endlose Gedankenströme zu erzeugen, die nicht direkt mit unseren Sinnen und Erfahrungen im Hier und Jetzt verbunden sind.
Darüber hinaus gibt es anatomische Merkmale des Menschen, die es uns ermöglichen, eine breite Palette von Vokalen und Konsonanten zu erzeugen, aus denen menschliche gesprochene Sprachen bestehen. Einige Wissenschaftler*innen vermuten, dass selbst die Veränderungen unseres Körpers, die sich aus einer Anpassung an den aufrechten Gang ergaben, es uns ermöglichten, im Vergleich zu Schimpansen eine größere Vielfalt an Lauten zu erzeugen.
Experimente haben gezeigt, dass Menschen viel besser lehren und von anderen lernen können, wie man Steinwerkzeuge herstellt, wenn sie Gesten verwenden können, und insbesondere, wenn sie Gesten zusammen mit gesprochener Sprache verwenden können, anstatt nur jemanden zu beobachten.
Experiment zur Koevolution von Werkzeugherstellung, Lehren und Sprache
Ein Experiment, in welchem Forscher:innen die Rolle von Lehren und Kommunikation in der Weitergabe von Werkzeugherstellung untersuchen wollten.
Die Verwendung von Symbolen wird unter Wissenschaftler*innen als eines der wichtigsten Anzeichen für die Existenz von „modernen“ Menschen gesehen – Menschen, die nicht zur in ihrem Körperbau den heutigen Menschen ähneln, sondern auch in ihrem Verhalten. Deswegen interessieren sich Archäologen, Anthropologen, Psychologen besonders für Anzeichen für die regelmäßige Verwendung von Symbolen in archäologischen Funden.
Einige Anthropologen vermuten, dass selbst die regelmäßig hergestellten und verwendeten Steinwerkzeuge als frühe Symbole gedient haben könnten – Steinwerkzeuge, insbesondere wenn sie über lange Zeiträume herumgetragen und verwendet werden, könnten eine Bedeutung erlangt haben, die über den bloßen Stein hinausgeht – sie haben möglicherweise angefangen, Dinge zu symbolisieren oder die frühen Menschen an Dinge zu erinnern, wie „die erfolgreiche Jagd, die wir vorhin dort hatten“, „Ich bin ein guter Werkzeughersteller“, „Ich bin ein guter Typ, mit dem man auf die Jagd gehen kann“ oder“ Ich bin vorbereitet“. Das Vorhandensein dieser Werkzeuge hat sich womöglich auch auf unsere Fähigkeit für mentales Zeitreisen ausgewirkt.
Archäologen sind jedoch besonders daran interessiert, nach Dingen zu suchen, die keine offensichtliche Funktion zu haben scheinen, außer ihrer Verwendung als Symbol. Zum Beispiel Zeichen dafür, dass Farbpigmente verwendet wurden oder dass frühe Menschen Markierungen auf Objekten vorgenommen haben oder Objekte als persönliche Ornamente verwendet haben. Diese müssen eine Bedeutung für eine ganze symbolische Gemeinschaft gehabt haben.
Funde von Muschelperlen, die auf ein Alter von mehr als 80 000 Jahren geschätzt werden, lassen Wissenschaftler vermuten, dass Menschen zu diesem Zeitpunkt ein fortgeschrittenes Symbolsystem gehabt haben mussten, welches ihr Verhalten und Sozialleben prägte. Außerdem mussten die Menschen zu diesem Zeitpunkt gesprochene Sprache gehabt haben, um die Bedeutung der Symbole zu kommunizieren. Aber diese Merkmale sind wahrscheinlich über einen langen Zeitraum durch die Wechselbeziehungen zwischen Menschen und die schrittweise Ansammlung und Schaffung einer kulturellen Welt voller Symbole entstanden.
Muschelperlen, über 80 000 Jahre alt, aus Marokko. Ähnliche Perlen mit ähnlichem Alter wurden auch in Süd-Afrika gefunden. Bildquelle: James Di Loreto, & Donald H. Hurlbert, Smithsonian Institution.
Was könnten diese Perlen über denjenigen, der sie getragen hat, ausgesagt haben?
Gravierungen auf einer Ockerplatte von der Blombos-Höhle in Süd-Afrika, ca. 77.000–75.000 Jahre alt. Bildquelle: Smithsonian Institution
Was symbolisierten diese Gravierungen? Welche Bedeutung hatten sie für die Menschen? Die Bedeutungen scheinen willkürlich zu sein – es ist niemandem außerhalb der Gemeinschaft klar, was sie bedeuten, sondern nur den Menschen, die etwas über die Bedeutung gelernt haben.
What excavated beads tell us about the when and where of human evolution. The conversation, 2016. http://theconversation.com/what-excavated-beads-tell-us-about-the-when-and-where-of-human-evolution-53695
Ursache-Wirkungsdiagramm zur Evolution von Sprache und symbolischen Denken
Ursache-Wirkungs-Diagramme zur Evolution menschlicher Merkmale
Verschiedene Ursache-Wirkungs-Diagramme zur Evolution menschlicher Merkmale in einer Datei auf englisch und deutsch
Symbolisches Denken und Kooperation
Die Fähigkeit für Sprache und symbolisches Denken hatte in der Evolutionsgeschichte unserer Art noch eine andere weitreichende Funktion: mithilfe von Symbolen konnten viele Menschen eine gemeinsame Identität aufbauen, selbst wenn sie sich nie wirklich persönlich kennenlernen würden. Dies ermöglichte unserer Art, zu tausenden und gar Millionen von Menschen zu kooperieren. Insbesondere in den letzten 10 000 – 5000 Jahren, mit dem Beginn der Landwirtschaft, sind unsere Gruppengrößen allmählich angestiegen, und damit auch die Bedeutung von Sprache und Symbolen für das Zusammenleben .
Ähnlich wie Sprache einen Segen und Fluch für unser Wohlbefinden darstellt, bietet auch die Verwendung von Sprache und Symbolen auf der einen Seite einen großen Nutzen für die Zusammenarbeit, und kann gleichzeitig auch zu großen sozialen Konflikten führen.
Aufgrund unserer Fähigkeit für symbolisches Denken können wir Menschen eine gemeinsame Identität mit tausenden und Millionen von Menschen aufbauen, selbst wenn wir sie nie näher kennenlernen würden. Ob Nationalität, Religion, Marktbeziehungen durch Geld, politische Bewegungen, oder sonstige durch Symbole oder abstrakte Ideen gekennzeichnete Vereinigungen, sie alle führen dazu, dass Menschen sich einer großen Gruppe zugehörig fühlen, sich gegenüber den Mitgliedern der Gruppe kooperativ verhalten, und sich für die Gruppe einsetzen.
siehe auch: Leben mit anderen Gruppen
Die kulturelle Evolution von Sprachen
Ähnlich wie Evolutionsbiolog:innen heute existierende Lebewesen untersuchen, um aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten auf mögliche gemeinsame Ursprünge und gemeinsame Vorfahren zu schließen, untersuchen Sprachwissenschaftler:innen (oder: Linguisten, von lateinisch lingua – Zunge‚ Sprache) heute existierende Sprachen, um auf mögliche gemeinsame Ursprünge aller menschlichen Sprachen oder Sprachfamilien zu schließen.
Diese Grafik stellt die Abstammungsgeschichte von 40 indogermanischen Sprachen dar, sowohl mit der Abstammung von Sprachen aus früheren Versionen (die schwarzen Zweige und Verbindungen), wie sie in Stammbäumen der biologischen Evolution von Arten typisch sind, als auch mit der Entlehnung von Wörtern aus anderen Sprachen (die farbigen Linien, die die Zweige verbinden). Beachte z.B. die vielen farbigen Linien, die zur heutigen englischen Sprache führen.
Lehnwörter sind Wörter, die von einer anderen Sprache übernommen wurden. Meist passiert dies, weil es in der eigenen Sprache noch kein Wort gibt, welches die Bedeutung genauso gut wiedergeben würde wie das Lehnwort. (Es ist ähnlich, wie wir oft Menschen zitieren, die Dinge auf eine Weise gesagt haben, von der wir denken, dass sie nicht besser ausgedrückt werden könnten, also „leihen“ oder „borgen“ wir ihre Worte.)
In der deutschen Sprache wurden zum Beispiel im Laufe der Geschichte viele Wörter aus dem lateinischen/französischen und englischen übernommen, z.B. Evolution, Population, Auto, Tapete, Toilette, Computer.
Ein Team von Sprachwissenschaftler:innen, darunter auch Forschende vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, hat eine Liste von 100 Wörtern erstellt, für die scheinbar in 41 Sprachen ebenfalls ein Wort existiert (die sogenannte Leipzig-Jakarta-Liste). Linguisten sagen, dass diese Wörter „resistent gegen Entlehnung“ sind – was bedeutet, dass diese Konzepte nicht aus anderen Sprachen „entliehen“ wurden, sondern von den Sprechern jeder Sprache seit Beginn der Entstehung der Sprache zum Ausdruck gebracht wurden.
Was könnte uns diese Liste über das Leben und die Wahrnehmung unserer Vorfahren und über die frühe Entwicklung der menschlichen Sprachen erzählen?
100 Wörter in der Leipzig-Jakarta-Liste. (Größe skaliert nach dem Grad der „Resistenz“)Bildquelle: Susan Hanisch, CC-BY-SA 4.0
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