Demokratie
Während des größten Teils unserer Evolutionsgeschichte haben wir Menschen in kleinen Gruppen mit nicht mehr als ein paar hundert Menschen gelebt. Jedes Leben in Gruppen birgt Konfliktpotenzial und die Herausforderung, Ressourcen zu verteilen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Wir haben soziale Verhaltensweisen entwickelt, die es uns ermöglichen, das soziale Leben in so kleinen Gruppen zu regulieren, einschließlich sozialer Emotionen, moralischer Intuitionen wie Gerechtigkeitssinn und Autonomie, sowie eine sogenannte Norm-Psychologie – eine Tendenz, die Verhaltensweisen der Menschen um uns herum zu lernen und zu imitieren. Wir betrachten diese Verhaltensweisen dann als „normal“ und ärgern uns, wenn sich jemand auf eine Weise verhält, die nicht den sozialen Normen der Gruppe entspricht.
Die heutigen Jäger und Sammler geben uns einige Hinweise auf die soziale Organisation, in der unsere Art während des größten Teils unserer Geschichte gelebt hat. Jäger und Sammler leben in der Regel in egalitären Gruppen, was bedeutet, dass es keine starke Hierarchie und eine gleichmäßige Verteilung von Ressourcen gibt. Versuche von Einzelpersonen, die Gruppe zu beherrschen oder Ressourcen an sich zu reißen, werden von allen anderen in der Gruppe entmutigt und bestraft.
Mit der Landwirtschaft, Arbeitsteilung und den ersten Städten wuchs unsere Gruppengröße jedoch, erst von einigen Tausend auf viele Tausend und schließlich Millionen von Menschen. Wie kann das Leben in solchen Gruppen geregelt werden? Es scheint, dass mit der Zunahme der Gruppengröße die Regulierungsmechanismen, die in kleinen Jäger-Sammler-Gruppen gut funktionierten, nicht mehr so gut funktionierten und mit zunehmender Gruppengröße eine Ungleichheit in Bezug auf Macht und Reichtum entstand.
Demokratie ist ein Weg der sozialen Organisation, um eine solche ungleiche Verteilung und Missbrauch von Macht durch einen oder mehrere Einzelpersonen über alle anderen zu verhindern oder zumindest um Hierarchien abzuflachen. Das Wort Demokratie kommt von den griechischen Demos = Volk und Kratia = Macht.
Wir hören oft, dass die Demokratie als Art der sozialen Organisation um 500 v. Chr. von den Griechen erfunden wurde. Ganz allgemein können wir aber auch Elemente davon im egalitären Leben von Jägern und Sammlern finden – schließlich ist in ihrer sozialen Organisation Macht auch in der gesamte Gruppe verteilt.
Noch allgemeiner können wir auch etwas über „Demokratie“, ihre Bedeutung und Funktion für das Sozialleben, von anderen sozialen Tieren lernen, die in großen Gruppen leben, wie zum Beispiel Honigbienen.
Leben in Gruppen und Konflikte
Ein Lesetext über die Herausforderungen des Gruppenlebens und wie unterschiedliche Gruppen in der Biologie – darunter auch unsere Vorfahren – Wege gefunden haben, diese Herausforderungen zu lösen.
Bienendemokratie
Schüler:innen erfahren, wie ein Honigbienenschwarm ohne Anführer Entscheidungen über den zukünftigen Nistplatz trifft, und erörtern die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Entscheidungsfindung in Gruppen von Menschen.
Das Ziel 16 der globalen Nachhaltigkeitsziele ist es, friedliche und inklusive Gesellschaften auf allen Ebenen zu fördern.
Als „Institutionen“ werden übrigens nicht nur Gebäude und öffentliche Einrichtungen bezeichnet, sondern auch formale und informelle Regeln, die das Zusammenleben gestalten. Selbst soziale Normen oder Traditionen werden demnach zu den „Institutionen“ gezählt.
Warum ist es uns Menschen wichtig, in einem demokratischen sozialen System zu leben? (denke zum Beispiel an die Bedeutung vom Gruppenleben und Zusammenarbeit in unserer Evolutionsgeschichte, und die Rolle unserer moralischen Intuitionen)
Werden alle Länder in der Zukunft Demokratien sein?
Wie können wir sicherstellen, dass alle Menschen in Zukunft in politischen Systemen leben werden, die gerecht und inklusiv sind?
Heute gibt es mehr demokratische Länder als andere Regierungssysteme.
Wird sich dieser Trend fortsetzen, so dass in Zukunft alle Länder Demokratien sein werden?
Tatsächlich hat sich der Anteil demokratischer Systeme in den letzten Jahren auf gleichem Niveau bewegt oder ist sogar wieder zurückgegangen.
Wie verbreitet sich das kulturelle Merkmal „Demokratie“ in der Welt? Welche Rolle könnten Bildung, Zusammenarbeit zwischen Ländern, Informationsaustausch über das Internet oder schwerer Machtmissbrauch durch autokratische Führer und zunehmende Ungleichheit in einem Land spielen?
Welche Faktoren beeinflussen, ob ein Land zu einer Demokratie wird?
Wissenschaftler:innen versuchen zu verstehen, welche Faktoren einen Einfluss darauf haben, dass ein Land zu einer Demokratie wird.
Für Wissenschaftler:innen ist es schwierig, die Ursachen in einem komplexen System wie einer Gesellschaft zu entwirren, da so viele Faktoren miteinander in Wechselwirkung stehen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass je mehr Bildung die Menschen in einem Land hatten, desto wahrscheinlicher ist es, dass aus dem Land eine Demokratie wird. Darüber hinaus scheint die Erhöhung des Bildungsniveaus der weiblichen Bevölkerung besonders wichtig zu sein.
Das Gegenteil scheint auch zuzutreffen: Wenn ein Land demokratisch wird, steigt der Anteil der Menschen, die die Schule besuchen, tendenziell an.
Was könnten die möglichen Mechanismen dafür sein: Bessere Bildung führt zu Demokratie und Demokratie führt zu besserer Bildung?
Literaturangaben
https://ourworldindata.org/democracy
https://ourworldindata.org/democracy#does-democratization-have-an-effect-on-education
http://www.freedomhouse.org / https://freedomhouse.org/report/freedom-world/freedom-world-2018
Lutz, W., Cuaresma, J. C., & Abbasi‐Shavazi, M. J. (2010). Demography, Education, and Democracy: Global Trends and the Case of Iran. Population and Development Review, 36(2), 253–281. https://doi.org/10.1111/j.1728-4457.2010.00329.x
Seeley, T. D. (2010). Honeybee Democracy. Princeton, New Jersey, USA: Princeton University Press.